- Globalisierung: Grundlagen
- Globalisierung: GrundlagenHäufig gilt der Begriff Globalisierung, und insbesondere die Möglichkeit von Unternehmen, Teile ihrer Produktion in Niedriglohnländer zu verlagern, als eine wichtige Ursache von Arbeitslosigkeit in den Industrieländern. Neben ökonomischen Kategorien betrifft Globalisierung jedoch beispielsweise auch kulturelle, ethische, ökologische und soziale Aspekte. Es ist daher sinnvoll, zunächst die wesentlichen ökonomischen Bestandteile dieses Begriffs zu beleuchten, um Mehrdeutigkeiten zu vermeiden. Als Kernbestandteil der Globalisierung ist die sich verstärkende Internationalisierung der Wirtschaft anzusehen, die wiederum die Tendenz hat, zu einer weiter gehenden weltweiten Integration von Märkten zu führen.Begriffsklärung und wichtige UrsachenDie wichtigste ökonomische Dimension der Globalisierung liegt in dem Bestreben von Unternehmen, ihren Gewinn durch international ausgerichtete Aktivitäten zu steigern. Dies betrifft sowohl die Ausdehnung der Absatzmärkte als auch die Beschaffung von möglichst kostengünstigen Vorleistungen und Arbeitskräften. Dadurch kann der Gewinn nicht nur erhöht, sondern auch stabilisiert werden, da die konjunkturellen Entwicklungen in den verschiedenen Absatzländern nur teilweise miteinander verbunden sind. Auf makroökonomischer Ebene zeigt sich diese Tendenz zur Internationalisierung der Wirtschaft sehr deutlich im Vergleich von Weltbruttosozialprodukt und Welthandel. In den vergangenen 30 Jahren ist der Handel weltweit wesentlich stärker angestiegen als die Produktion. Der sich intensivierende Prozess des internationalen Handels bezieht sich auf Güter und Dienstleistungen, Finanz- und Realkapital sowie technisches Know-how. Seine wesentliche Ursache ist der weltweite Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) und der Welthandelsorganisation (WTO). Weitere Ursachen sind Verbesserungen in der Informations- und Kommunikationstechnik sowie die Verminderung von Transportkosten. Als Folge dieser Entwicklungen nimmt die Integration sowohl von Güter- als auch von Faktormärkten weltweit immer mehr zu.Wirtschaftliche DimensionenAm weitesten fortgeschritten ist die Globalisierung der Finanzmärkte. Dies bedeutet insbesondere, dass der Preis eines Wertpapiers an allen Börsen, an denen es gehandelt wird, nahezu identisch ist. Anbieter und Nachfrager haben weltweit ähnliche Informationen und können aufgrund niedriger Transaktionskosten Preisunterschiede schnell ausnutzen. Einen solchen Grad an Marktintegration werden Güter- und Arbeitsmärkte wahrscheinlich nie erreichen, da die Transaktionskosten vergleichsweise hoch sind und die gehandelten Güter wesentlich weniger standardisiert sind als Wertpapiere. Trotzdem verstärkt sich sogar bei den Arbeitsmärkten die Tendenz zur internationalen Integration. Beispielsweise kann ein in den USA ausgebildeter indischer Informatiker von seiner Heimatstadt Bombay aus seine Dienste als Softwarehersteller via Internet anbieten und für europäische und amerikanische Unternehmen als »virtueller« Mitarbeiter tätig sein. Entsprechend den relativ geringen Lebenshaltungskosten in Indien könnte er selbst zu einem Bruchteil des Lohns z. B. eines deutschen Informatikers in Indien einen vergleichsweise hohen Lebensstandard aufrechterhalten. Obwohl dies ein Extrembeispiel ist, zeigt es, dass Globalisierung weit reichende Folgen auf den internationalen Arbeitsmärkten haben kann: Während in den westlichen Industrieländern der Druck auf die Löhne zunehmen dürfte, könnten die Arbeitnehmer in Ländern mit niedrigerem Lohnniveau und geringerem industriellem Entwicklungsstand dagegen von einem Anstieg der Beschäftigung und des allgemeinen Einkommensniveaus profitieren.Wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf?Solche Szenarios lassen besonders in Europa schnell den Ruf nach protektionistischen Maßnahmen laut werden. Dabei wird jedoch übersehen, dass eine Stärkung der internationalen Arbeitsteilung auch große Vorteile mit sich bringt wie z. B. niedrige Preise, besseren Service und ein größeres Produktangebot. Außerdem spielen im internationalen Standortwettbewerb um Unternehmensinvestitionen nicht nur Lohnkosten und Steuern eine große Rolle, sondern z. B. auch die Stabilität des politischen und sozialen Umfelds, die gute Ausstattung mit öffentlicher Infrastruktur, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung, die Qualität von Schulen und Universitäten und nicht zuletzt die Produktivität und Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer. Insofern ist eine Vereinheitlichung z. B. von Steuer- und Sozialsystemen als internationale wirtschaftspolitische Maßnahme weder sinnvoll noch notwendig, da die Ausgangslage von Ländern und Regionen im Standortwettbewerb sehr komplex ist. Allerdings sollten die Institutionen und wirtschaftspolitischen Regelungen in den westlichen Industrieländern flexibel genug sein, umSpannungen auf ihren Arbeitsmärkten schnell beseitigen zu können.
Universal-Lexikon. 2012.